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Dienstag, 25. März 2014

Kränzlein winden

Diesen Eintrag widme ich einem Herrn, der es tatsächlich gewagt hat, den Mund aufzumachen, ohne dass irgendwelche Flüssigkeiten dabei rauskamen. Nein, weise und gewählte Worte. Ich werde ihm ein "Kränzlein winden". Oder wie sagt man? Naja, egal... Ihr wisst was ich meine (hoffe ich zumindest)....

Nun gut, ich hatte fünf Jahre bei einer Ärztin als medizinische Praxisassistentin gearbeitet. Da meine Chefin das Wort Pünktlichkeit nur aus Vorlesungen theoretisch kannte, nahm sie es mit der Zeit nicht so genau. Hätte sie die Praxis in der Karibik gehabt, hätten die zwei Stunden Verspätung natürlich keine Rolle gespielt. Aber ja, wir waren ja in der Schweiz.

Daher musste ich Patienten, welche früh eingetragen waren, vertrösten, die Chefin möge so bald als möglich kommen. Und das war praktisch jeden Tag so. Ich dachte schon, ihr eine Uhr zum Geburtstag zu kaufen, liess es aber bei dem Gedanken daran wie ihr Gesicht aussehen würde in diesem Moment, schnell wieder fallen. Ganz zu schweigen an die Lohnkürzungen, die das zur Folge gehabt hätten. Und der Versuch mich hochzuschlafen scheiterte daran, dass meine Chefin eben eine SIE war. Das wollte ich dann doch nicht riskieren.

Ja, mein Job als medizinische Vertrösterin war dann mit viel Unmut seitens Patienten gespickt. Uuuui, die kannten Wörter, die ich vielleicht aus Pornos kannte, oder vielleicht sogar zum ersten mal hörte. Da staute sich eine Wut in ihnen auf, dass gewettert wurde. Fand das ja ziemlich amüsant und musste ja dann doch schmunzeln. Ich war also doch nicht die einzige, die kein Arschkriecher war.

Denkste.... Kaum kam sie herein zur Tür, waren alle freudestrahlend, schweigend auf ihrem holzigen Stuhl. Hui, da war ich aber froh, dass Ruhe eingekehrt war, wenn auch eine etwas stillere Ruhe. Denn: Es ging vom Zeitpunkt an, an dem sie reinkam wieder geballte 20 Minuten. Jawohl, in diesen 20 Minuten konnten sich Wut, Emotionen und Zorn so schön stauen. Sie musste sich ja das Mäntelchen anziehen, und natürlich noch sämtliche Berichte durchsehen. Nachdem alles erledigt war, wurde auch schon der erste Patient hereingepfiffen. Ja, die zuvor böse Mimik verwandelte sich nun in ein breites Lächeln.
Nur einer blieb stur: (Mein absoluter Held) Jawohl, und das ist eben Harry (Name von Redaktion geändert). Der hatte den Mumm, ihr die Meinung zu blasen. Ich war so angetan von der Handlung, dass er ihr gerade die Meinung geigte, dass ich eigentlich alles was er ihr gesagt hatte nicht wirklich mitbekommen hatte. Ich schwelgte in dem Moment im siebten Himmel und war dankbar, dass doch noch einer seinen trockenen Mund aufmachte. Yeeeaaah, war das schön. Ich sah nur deren Gesichter, welche sich binnen Sekunden von fröhlich, fragend, zornig oder merkwürdig verwandelten. Ha, er hat es getan. BRAVO..... Der erste in meiner Karriere als Arzthelferin und leider bislang auch der letzte. Man wünschte sich mehr solcher mutigen Taten. Was kann den schon passieren? Dein Hausarzt wird dir, solange seine Praxis gut läuft, bestimmt keine scheuern. Der braucht Euch.

Eure Madame Blanc (Möge sie noch einen auf Harry trinken, und wird mir noch lange in guter Erinnerung bleiben, RESPECT)